Markt und Mittelstand 09/2008

There are no translations available.

Kunst und Wirklichkeit

Heinz Roelofsen baut Dächer aus Acryl - und schützt damit Autohäuser vor ungewollten Natur-Kunstwerken.

Man könnte sie für Modern Art halten: die Knäckebrot-ähnlich deformierte Motorhaube des Porsche 911, die am Schreibtisch von Heinz Roelofsen lehnt. Doch kein Künstler, sondern golfballgroße Hagelkörner haben die tiefen Dellen im Metall hinterlassen. Das Objekt steht in direktem Zusammenhang mit dem Umsatzdiagramm, das der Inhaber und Geschäftsführer der Roda Germany GmbH in Kleve in den Händen hält. Roelofsen baut Großflächenüberdachungen, die Mensch und Material vor den Unbilden des Wetters schützen, zum Beispiel über den Parkplätzen von Verbrauchermärkten oder über Fahrzeugausstellungen.

Als er mit seinem Produkt vor 24 Jahren auf den Markt kam, ging es ihm vor allem darum, ein simples Problem effektvoll zu lösen: Auch bei Regenwetter sollen die Kunden komfortabel einkaufen können und Umsatzrückgänge an solchen Tagen von bis zu 50 Prozent der Vergangenheit angehören. Herkömmliche Flachdächer aus Wellblech oder Bitumenbahnen waren jedem Architekten ein Gräuel. Roelofsen verwendete den Kunststoff Acryl, der die Konstruktionen wie hochwertige Glasarchitektur erscheinen lässt, aber nur halb so teuer ist. Bis heute entstanden rund 2,5 Millionen Quadratmeter Dachfläche in den patentierten Rodalux- oder Rodatop-Systemen. 2007 erzielte er mit elf Mitarbeitern 6,4 Millionen Euro Umsatz.

Beinahe wäre das Geld in andere Taschen geflossen. Roelofsen hatte sein Projekt zunächst seinem damaligen Arbeitgeber vorgestellt. Dieser jedoch winkte ab. Roelofsen winkte zurück - er machte sich selbstständig. Ein umkompliziertes Produkt, ein handfester Nutzwert und großer Bedarf: Damit konnte eigentlich nichts schiefgehen.

„Informieren, analysieren und konsequent umsetzen" - das waren, so Roelofsen, die Erfolgsfaktoren von Anfang an. Und die Erkenntnis, dass es klug ist, Erfolg und Risiken mit anderen zu teilen. Roda baute ein leistungsfähiges Zuliefernetz auf. Die geringe eigene Wertschöpfungstiefe hielt die Firma schlank und flexibel und die Kapitalbindung niedrig. Umso mehr konnte in Expansion investiert werden. Und neuerdings sorgt auch der Klimawandel für ein gutes Geschäftsklima. Vor allem Autohäuser wollen ihr teures Gut vor Hagel schützen.

Nicht Eingeweihten fällt übrigens oft gar nicht auf, dass das gesteppte Stück Metall im Büro des Roda-Chefs nichts mit Kunst zu tun hat. Roelofsen ist eifriger Sammler. Vor drei Jahren gründete er die Internetgalerie Artmoritz. „Ein Unternehmer darf sich nie auf eine Sache allein konzentrieren", sagt er. Das hilft vor allem seinem persönlichen Gleichgewicht; auf eine zweite Einnahmequelle ist er nicht angewiesen. Laut Prognosen muss erst in einigen Jahrzehnten mit einer regenarmen Zeit gerechnet werden.

Original-Presseartikel als PDF Original-Presseartikel als PDF
 
Manfred Godeck