Mangels Deckung - Autohaus Spezial Ausgabe 2013 - 09-2013

Mangels Deckung

Hagelschäden – Prävention zahlt sich gleich mehrfach aus

Im Mai 2013 wurde Marienberg im Erzgebirge von einem schweren Hagelunwetter heimgesucht. In dessen Zentrum wiesen die Fahrzeuge 300 Dellen allein am Dach aus, 500 Meter weiter waren es nur drei.

Darauf zu hoffen, es werde schon nicht so schlimm kommen, wäre zumindest in hagelgefährdeten Gebieten ein Vabanquespiel. Zwar zahlt auch hier erst einmal die Versicherung. Bei wiederholten Schadensereignissen drohen aber Beitragserhöhungen und bei einigen Versicherern sogar Risikoausschlüsse. „Die jeweilige Gesellschaft will einen Ertrag erwirtschaften. Treten Frequenzschäden ein, trennt man sich lieber als einen höheren Beitrag zu fordern“, weiß Peter Michael Lange, Leiter der Niederlassung Stuttgart der Gossler, Gobert & Wolters GmbH, einem auf Gewerbekunden spezialisierten unabhängigen Versicherungsmakler. Teurer wird es in jedem Fall. Wie – das entscheiden die Versicherungsunternehmen anhand von Risikoprognosen.

Zum Beispiel ist die Zahl der potenziellen Hageltage während des Sommerhalbjahres in Baden-Württemberg laut einer Studie des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung der Universität Karlsruhe in den letzten 30 Jahren um 16 gestiegen. Im Norden ist der Wert deutlich niedriger; hier ist die Luft weniger warm und feucht. Bis zum Jahr 2050 wird eine weitere Zunahme der Hagelwetter-Tage in Deutschland von 10 % bis 15 % vorausgesagt. Der Schwerpunkt liegt wiederum im Süden, allerdings mit unterschiedlichen Ausprägungen.

„Entlang des Nordrands der Schwäbischen Alb kann eine deutlich höhere Häufigkeit von schweren Hagelunwettern beobachtet werden als in anderen Teilen von Baden-Württemberg“, weiß Joris Brombach, Diplom-Meteorologe bei der EWC Weather Consult GmbH in Karlsruhe. Der private Wetterdienstleister unterstützt seit 14 Jahren Versicherungsgesellschaften im In- und Ausland mit Daten zur Schadensprävention und –bearbeitung. Mit modernen Analysemethoden kann er die gefährdeten Gebiete sogar bis auf Ortsebene eingrenzen. Die identifizierten ‚lokalen Hagelregionen‘ werden aufgrund ihrer Schadenshistorie bewertet. Peter Michael Lange: „Für gewöhnlich bekommen Versicherungsnehmer dort eine Deckung nur gegen Nachweis von bestimmten Auflagen.“

In der Praxis verhielten sich die Versicherer jedoch nicht gleich restriktiv, betont Julia Cabanis, Leiterin der Abteilung Recht beim Verband des Kraftfahrzeuggewerbes Baden-Württemberg e.V.. Der führende Branchenversicherer verzichte zum Beispiel bis dato auf Deckungsausschlüsse. In Problemregionen oder bei sehr ungünstigen Schadensverläufen sei es inzwischen jedoch üblich, eine Prämie danach zu berechnen, welchen Beitrag ein Betrieb zur Schadensvermeidung leiste. Dazu gehörten beispielsweise Überdachungen. Ob sich eine solche Investition lohne, müsse jeder Betrieb allerdings unter verschiedenen Gesichtspunkten kalkulieren.

Der Hagelschutz ist sozusagen ein individuell zu gewichtender Zusatzeffekt. Durch ansprechende Dachkonstruktionen wird vor allem der Standort optisch und funktional aufgewertet. Kunden können auch bei schlechtem Wetter die Fahrzeugausstellung besuchen oder Fahrzeuge übernehmen. Es entfällt zudem die regelmäßige Reinigung. Die Verbindung von Gebäudeteilen macht Betriebsabläufe effizienter. Schließlich vergrößern Überdachungen die Betriebsfläche, denn vor Regen oder Glätte im Winter geschützt, können Arbeiten auch außerhalb der Werkstatträume erfolgen. „Solche Lösungen werden als deutlicher Servicevorteil wahrgenommen“, so Hendrik Roelofsen, Geschäftsführer der roda GmbH in Kleve, dem in Europa führenden Anbieter von großflächigen Dachsystemen.

Mit Dächern aus schlagfestem Acrylglas, das wie Echtglas wirkt, lassen sich zum Beispiel großzügig wirkende Konstruktionen mit Spannweiten von über 15 Metern realisieren, unter denen problemlos Fahrzeuge rangiert werden können. Die Kosten betragen ‚schlüsselfertig‘ rund 220 Euro pro Quadratmeter; die Errichtung einer Überdachung durchschnittlicher Größe dauert etwa eine Woche. Einer solchen Investition gilt es im Rahmen der Kosten/Nutzen-Rechnung die einzelnen - individuell zu bewertenden - wirtschaftlichen Vorteile gegenüberzustellen. Dazu gehören zum Beispiel auch Beitragsvorteile, mit denen einzelne Gesellschaften Präventivmaßmaßnahmen belohnen, und ein Mehrumsatz aufgrund der attraktiveren Verkaufsfläche (Beispiel siehe Kasten).

Hagel-Prävention in Zahlen (Beispielrechnung)

 

 

 

Beispiel:

Kfz-Händler, ca. 15 Mio. Umsatz, 300 Fahrzeuge im Freien, Multiline-Police für ca. 150.000 Euro p.a., 2 Schäden über jeweils 0,75 Mio. Euro (2.500 Euro pro Fahrzeug) – Betrachtungszeitraum 10 Jahre*

unbedacht

überdacht

 

 

 

Präventions-Kosten

 

 

Acryldach (12 qm á 220 € pro Fahrzeug)

 

- 0,80 Mio. €

+ 15 % Allgemein-/Lauffläche

 

- 0,12 Mio. €

Abschreibung (7 % p.a.)

 

+

Finanzierung

 

-

 

 

 

Möglicher Schaden

 

 

Prämienverdoppelung über mindestens 2x3 Jahre

- 0,90 Mio. €

 

Abwicklungsaufwand

-

 

Geschäftsausfall: ca. 2x10 Tage kein Verkauf

- 1,25 Mio. €

 

 

 

 

Betriebskosten-Ersparnis

 

 

Fahrzeugreinigung 8 € pro Fahrzeug/Monat

 

+ 0,28 Mio. €

Flächenreinigung 20 € pro Fahrzeug/Jahr

 

+ 0,06 Mio. €

10 % Prämienvorteil über gesamte Laufzeit

 

+ 0,15 Mio. €

 

 

 

Geschäftsvorteile

 

 

Mehrumsatz durch attraktivere Verkaufsfläche (3 %)

 

+ 4,50 Mio. €

Imageaufwertung

 

+

Bessere Prozesse

 

+

 

 

 

Ergebnis bei 10-jähriger Betrachtungsdauer

- 2,15 Mio. €

+ 4,07 Mio.€

*Quelle: Funk-Gruppe, Versicherungsmakler, Hamburg

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